in Interview

Die Zeit für Albanien ist gekommen

„Ursprünglich, spannend und gastfreundlich“, sind nur einige Schlagwörter für die boomende Reisedestination Albanien. Immer mehr Europäer entdecken die Strände der 316 km langen albanischen Rivera für sich und verleihen dem Tourismus Zuwächse im zweistelligen Bereich. Internationale Investoren haben das Potential des Landes erkannt und sichern sich einen Teil des touristischen Kuchens. Die Regierung Albaniens versucht alles, um das rasante Wachstum möglichst ökologisch voranzutreiben.

Der traveller sprach mit Kornelia Ferizaj (Direktorin National Tourism Agency) über die aktuellen Entwicklungen des Tourismus in Albanien.

traveller:

Gerne würde ich mit einem aktuellen Thema beginnen. Albanien war im November von einem schweren Erdbeben betroffen, hatte die Katastrophe Auswirkungen auf den Tourismus?

Kornelia Ferizaj:

Natürlich hatte das Erdbeben Auswirkungen auf den Tourismus. Unsere Partner waren verunsichert, denn Sie hatten für die kommende Saison schon ihre Kontingente gekauft und wollten wissen, ob die touristische Infrastruktur durch das Erdbeben beeinträchtigt wurde. Wir haben daher beschlossen, am 14. Januar einen regionalen Tourismusgipfel unter dem Arbeitstitel – Tourismus für Solidarität und Nachhaltigkeit – zu organisieren, zu dem wir einige der wichtigsten Tourismusminister der Region wie Italien, Griechenland, Montenegro, Slowenien, Bulgarien, Kroatien, die wichtigsten Reiseveranstalter aus Europa wie DER Touristik, Apollo Nordic, albanische Reiseveranstalter und Hoteliers, Reiseblogger sowie Vertreter der UNWTO eingeladen haben, um ihnen zu versichern, dass das Reiseziel Albanien für Ihre Gäste in der kommenden Saison sicher ist und um das Risiko von Stornierungen zu reduzieren.

Durch die UNWTO (World Tourism Organization) wollen wir außerdem einen Studienfall schaffen, der in Albanien passiert ist und der Welt die Dimension von – Menschlichkeit im Tourismus- zeigt. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber viele der Hotelbetreiber in Durres unterstützen die betroffene Bevölkerung, indem sie den derzeit 5000 Obdachlosen Unterkünfte anbieten.

Wurden Hotels durch das Erdbeben zerstört?

Zwei Hotels wurden zerstört und wir arbeiten derzeit intensiv daran alle Hotels auf ihre Sicherheit zu überprüfen und sie mit einem zertifizierten Gütesiegel zu versehen. Albanische Hoteliers und internationale Reiseveranstalter haben dies für die Sicherheit ihrer Gäste gefordert, damit unsere treuen Kunden Gewissheit über ihre Sicherheit haben. Unser Ziel ist es, dass Image der Destination möglichst rasch wiederherzustellen.

Erwarten Sie negative Auswirkungen auf den Tourismus?

Ich denke nicht, weil die albanischen Tourismusbetriebe und Veranstalter arbeiten derzeit sehr intensiv daran die Auswirkungen so klein wie möglich zu halten. Bislang konnten wir keine Stornierungen verzeichnen.

Albanien verzeichnet neue Besucherrekorde, worauf führen Sie diesen Boom zurück?

Ich würde sagen, die Zeit für Albanien ist gekommen! Die Menschen lieben das Mittelmeer, kennen aber Italien, Kroatien oder Griechenland bereits zur Genüge. Albanien gilt noch als unentdeckt und die Menschen möchten gerne etwas Neues und Unbekanntes kennen lernen. Albanien hat mit seinen Bergen, den Stränden sowie seiner Kultur einiges zu bieten und das zu einem sehr günstigen Preis.

Welche Bedeutung hat der Tourismus für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft des Landes?

Der Tourismus ist für Albanien besonders wichtig, weil dadurch die Wirtschaft floriert und ein großer Teil seiner Bevölkerung in diesem Bereich Arbeit findet. Mit dem Wachstum im Tourismus steigt auch die Zahl der Beschäftigten im Land.  

Wie sieht es mit ausländischen Investitionen in Albanien aus?

Die Regierung hat steuerliche Vorteile für Investoren geschaffen, um Investitionen im höherwertigen Tourismus zu fördern. Allein im Jahr 2019 sind einige wichtige neue Hotelmarken wie Maritim, Marriott oder Melia ins Land gekommen. Der Regierung ist es durch die erwähnten Maßnahmen innerhalb von nur einem Jahr gelungen, wichtige Investments ins Land zu holen.

Albanien ist auch mit negativen Images behaftetet, wie schwer ist es international Werbung für ihr Reiseland zu machen?

Kennen Sie den Werbespot „taken by Albania“? In diesem Spot wollen wir das Image unseres Landes verbessern, die Menschen und das Land ist anders als vielleicht in so manchen Hollywood Filmen dargestellt wird. Es gibt ein Sprichwort in Albanien: „Dass das Haus eines Albaners gehört Gott und den Gästen“, Gastfreundschaft ist ein herausragendes Merkmal der Albaner und jeder Tourist der Albanien besucht, erkennt dies sofort.

Massen- oder gepflegter sanfter Tourismus, welche Art von Tourismus wünschen Sie sich für Albanien?

Albanien ist ein kleines Land und wir wollen natürlich die Zahl der Gäste weiter steigern aber nicht wie in manchen anderen Ländern mit Massentourismus. Da wir im Ministerium für Umwelt und Tourismus angesiedelt sind, ist es für uns wichtig, die Umwelt zu schützen. Wir wollen weiterwachsen, aber gleichzeitig müssen wir unsere Ressourcen schützen, deshalb müssen wir sehr vorsichtig sein, um einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Tourismus zu entwickeln, indem wir von anderen touristischen Zielen lernen.

Martin Dichler

Das Interview wurde im Fachmagazin traveller (Ausgabe 02/2020) veröffentlicht: