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Future of Aviation?

Sind die Themen „Nachhaltigkeit und Luftfahrt“ vereinbar und wie kann es mit der Luftfahrt weitergehen, wenn man bedenkt, dass sich bis zum Jahr 2050 die Zahl der Passagiere laut IATA Prognosen vervierfachen soll? Diesen und weiteren Fragen widmete sich jüngst eine hochkarätige Diskussionsrunde auf Einladung der „Roadmap 2050- Plattform für Mobilität & Infrastruktur“ am Flughafen Wien. Der traveller sprach mit Austrian Airlines Geschäftsführer Alexis von Hoensbroech über die Zukunft der Branche.

traveller:

Sie meinten zuletzt: “Neunzehn Euro Flugtickets sind ökologisch unverantwortlich”, glauben Sie an ein Regulativ, dass die Wertigkeit eines Flugtickets zukünftig steuern könnte?

Alexis von Hoensbroech:

Wir wissen, dass Tickets um 19 Euro nicht kostendeckend sind. Solche Preise schaffen zwar kurzfristig eine künstliche Nachfrage, nachhaltig ist dieses Wachstum aber auf keinen Fall. Und, sie sind weder ökologisch noch ökonomisch noch politisch verantwortlich, da sie die Klimadebatte auch unnötig anheizen. Abgesehen davon werden diese Billigsttarife auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen angeboten, die mit extrem niedrigen Löhnen, Leiharbeitsmodellen, Scheinselbstständigkeiten etc. kämpfen müssen. Das Thema „Mindestpreis“ für Flugtickets wird daher tatsächlich in unterschiedlichen europäischen Ländern diskutiert. Da es aber den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft widerspricht, bin ich gespannt, wie man es umsetzen will. Grundsätzlich würde ich mir aber wünschen, dass Fliegen wieder an Wert gewinnt.

Die Fluglinie BRAATHENS hat mit 1.April 2019 als erste europäische Fluglinie eine CO2-Kompensation für alle Flüge ohne Zusatzkosten eingeführt. Was halten Sie von der Idee, könnte dieses Model Schule machen?

Bis Kerosin durch alternative, emissionsfreie Treibstoffe ersetzt werden kann, ist die Kompensation von CO2 ein wichtiger Hebel, um Fliegen nachhaltiger zu gestalten. Insofern ist das ein durchaus interessantes Model. Dass eine Airline die geleisteten Kompensationszahlungen für alle Passagiere zur Gänze übernimmt, ist zwar vorbildhaft – aus wirtschaftlichen Gründen aber schwer vorstellbar.

Ihrer Aussage zufolge möchten Sie jeden Flug der Sinn macht, auf die Schiene bringen! Linz und vielleicht auch bald Salzburg werden als Beispiele dabei immer wieder genannt. Könnten Sie sich aber auch vorstellen Budapest, München oder Prag schon bald mittels Zug zu bedienen, bzw. ab wann macht es ihrer Meinung nach Sinn, Flüge auf die Schiene zu bringen?

Studien zeigen, dass Passagiere das Flugzeug dem Zug ab einer Fahrzeit von drei Stunden vorziehen. Wir sind also durchaus daran interessiert Ultrakurzstreckenflüge auf die Schiene zu verlagern, entscheidend dafür ist aber die Attraktivität der Alternative für den Passagier. Denn die überwiegende Zahl der Passagiere auf solchen Ultrakurzstreckenflügen sind Transferpassagiere, die an unserem Hub in Wien umsteigen. Solange die Infrastruktur am Boden nicht entsprechend ausgebaut ist, wie aktuell zum Beispiel noch auf der Südstrecke, ist es keine Lösung von heute auf morgen nicht mehr zu fliegen. 

Die Branche ist sich einig, synthetische Treibstoffe sind die Zukunft der Luftfahrt! Derzeit werden aber nicht genügend Mittel für die Entwicklung und Produktion bereitgestellt. Sollte man ihrer Meinung nach Mittel aus der Ticketabgabe und mögliche weiterer Steuern die schon bald auf die Luftfahrt zukommen könnten, zweckgebunden dafür einsetzen?

Absolut! Fluggesellschaften, wie auch Austrian Airlines, zahlen bereits in mehreren verschiedenen Systemen für ihren CO2-Ausstoß: im europäischen Emissionshandelssystem, künftig im internationalen System CORSIA, und über unterschiedliche nationale Abgaben. Die europäischen Airlines werden alleine im Jahr 2019 Abgaben in Höhe von rund 5 Milliarden Euro unter dem Titel Umwelt leisten. Zweckgebunden für Umwelt- und Klimaprojekte ist davon nur ein sehr kleiner Teil.  Nur durch den Ersatz von Kerosin durch synthetische, emissionsfreie Treibstoffe können wir das langfristige Ziel erreichen, klimaneutral zu fliegen. Daher ist es dringend notwendig die, nicht unerheblichen, Gebühren unter dem Titel Umwelt für die Entwicklung und Produktion alternativer Treibstoffe einzusetzen, die aktuell noch nicht wirtschaftlich sind.

Austrian Airlines hat bereits einige Akzente beim Thema Nachhaltigkeit gesetzt. Gibt es Berechnungen, welche Einsparungen man damit bereits erreichen konnten?

Wir haben in der Tat in den vergangenen Jahren bereits einige Projekte umgesetzt, mit denen wir unsere spezifischen CO2-Emissionen pro Passagier kontinuierlich reduziert haben – auf der Langstrecke zum Beispiel um 1/3 seit 2004. Ein paar Beispiele: alleine durch technische Innovationen an unseren B767 Triebwerken erzielen wir eine Ersparnis von über 1000 Tonnen Kerosin pro Jahr, die Umflottung von Fokker auf Embraer 2016 und 2017, bedeutet eine jährliche Einsparung der Gesamt-Treibstoffmenge von 9.693 t bzw. 51.000 t CO2. Aktuell setzen wir sieben Projekte um, die jährlich rund 11.000 t CO2 nachhaltig vermeiden sollen. Mit der OMV arbeiten wir außerdem an einem Projekt zur Herstellung alternativer Treibstoffe zusammen: Wir sammeln Plastikbecher, die auf unseren Flügen ausgegeben werden. Die OMV macht daraus synthetisches Rohöl, ein Vorprodukt von Kerosin.

Martin Dichler

Das Interview wurde im Fachmagazin traveller in der Ausgabe 31.2019 veröffentlicht: