in Interview

CEO Talk: Der österreichische Markt ist für Wizz Air weiterhin interessant

Am Flughafen Bratislava hat Wizz Air CEO Jozsef Varadi vor kurzem gemeinsam mit dem slowakischen Premierminister Robert Fico die neuerliche Aufstockung seiner neuen Basis verkündet.

Man spricht von einer historischen Expansion am Flughafen Bratislava. Gleich vier Wizz Air Flugzeuge (30 Destinationen) werden ab November am slowakischen Hauptstadtflughafen Bratislava stationiert und werden damit den langjährigen Platzhirsch Ryanair als Nr.1 ablösen. Unter den neuen Destinationen befindet sich auch die wichtige Inlandverbindung, die erstmals vom Staat ausgeschrieben wurde. Bis zu neunmal wöchentlich verkehrt ein A321neo zwischen Bratislava und Kosice mit einem staatlichen PSO-Auftrag.

Entgegen der bisherigen Kommunikation will man aber den Wiener Flughafen trotz hoher Kosten nicht komplett den Rücken kehren, den einige wenige Destinationen werden von Wizz Air weiter bedient, wie Wizz Air CEO Jozsef Varadi im aeroTELEGRAPH Interview bestätigt.

Es scheint gerade so als würde der Flughafen Bratislava für Wizz Air das neue Wien werden. Welche Vorteile bietet die Slowakei im Vergleich zu Österreich?

Jozsef Varadi: Ein direkter Vergleich ist nicht angebracht, wir sprechen hier von zwei unterschiedlichen Märkten weshalb Bratislava nicht das neue Wien sein wird. Natürlich muss schon gesagt werden das Entscheidungen der Regierung dazu geführt haben, dass der Wiener Flughafen zuletzt immer hochpreisiger wurde,  weshalb wir uns nach Alternativen umgesehen haben.

Wir haben abgewogen wo wir langfristig besser wachsen können und dies haben wir in Wien unter diesen Umständen so nicht mehr gesehen. Der Flughafen Bratislava hat durch seine Lage und damit verbunden seinem Einzugsgebiet aus Österreich, Tschechien und Ungarn eine hervorragende Ausgangslage und Wizz Air kann hier zukünftig weiterwachsen.

Aber Sie bedienen bereits seit vielen Jahren Flüge nach Bratislava, warum hatten Sie dieses Potential nicht schon früher genützt?

Das ist richtig, wir fliegen schon seit über 15 Jahren nach Bratislava und wir haben immer abgewogen wo es besser ist zu wachsen. Als wir in Wien eingestiegen sind haben wir bereits gewusst, dass sich der slowakische und österreichische Markt überschneidet. Was jetzt aber in Österreich passiert ist, nämlich die Anhebung der Gebühren und die Beibehaltung der Ticketsteuer hat den Standort Wien für Billigfluglinien wie unsere, immer uninteressanter gemacht.

Für uns wurde deshalb immer klarer das wir Wien mit unserer Basis verlassen werden, es gibt hier keine Balance der Kosten mehr, die zwischen den beiden Standorten abzuwägen wäre. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen nach Bratislava zu gehen, wo es keine Einschränkungen oder operativen Limits für uns gibt.

Es hatte den Eindruck, dass die Entscheidung Wien zu verlassen sehr kurzfristig getroffen wurde?

Das wurde tatsächlich sehr kurzfristig beschlossen. Wir überprüfen ständig unsere Kosten und uns wurde klar das so mancher Flugbetrieb wie in etwa auf unserer Basis in Wien eine Korrektur benötigte. Sie erinnern sich sicherlich, wir hatten diese Anpassungen im operativen Bereich in Abu Dhabi, in Wien, aber auch kleine Korrekturen in London-Gatwick. All diese operativen Betriebe wurden aus verschiedensten Gründen zu teuer, weshalb wir diese Anpassungen im Flugbetrieb getroffen haben.

Diese Abwägungen müssen immer wieder gemacht werden und wenn Sie unser heutiges Flugnetz ansehen, so werden Sie feststellen, dass wir gleichzeitig in Armenien, Montenegro, Rumänien oder eben jetzt  auch in Bratislava unseren Flugbetrieb gleichzeitig ausgebaut haben. Das ist wenn Sie so wollen eine Verschiebung von einen „High Cost“ auf  einen „Low Cost“ Flugbetrieb, wo wir langfristig mehr Entwicklungschancen sehen.

Den österreichischen Markt werden Sie in Wahrheit aber nicht wirklich ganz verlassen, den weiterhin werden zumindest fünf Wizz Air Destinationen ab Wien angeboten?

Das kann ich bestätigen, wir werden weiterhin nach Wien aber auch nach Abu Dhabi fliegen, nur werden wir keine Basis mehr an den genannten Orten betreiben. Auch zukünftig werden wir den österreichischen Markt anbieten den er ist für Wizz Air weiterhin interessant, nur werden diese Flüge eben von den anderen Basen bedient.

Kommen wir zur Slowakei, Sie bedienen ab 21.November einen staatlichen PSO – Vertrag zwischen Bratislava und Kosice. Eine neue Art von Business für Wizz Air?

Nein überhaupt nicht, es gibt bereits seit langem staatliche Aufträge dieser Art in Italien, Frankreich oder England. Ich denke das ist der europäische Weg Destinationen zu bedienen, die aus kommerzieller Sicht keinen Sinn machen würden Sie zu betreiben, aber der Staat trotzdem daran interessiert ist hier ein Angebot zu bieten. Einige dieser Aufträge betreiben wir bereits heute.

Wizz Air kämpft seit Jahren mit den NEO – Triebwerksproblemen, wie ist die aktuelle Situation, wie viele Flugzeuge sind gegroundet?

Wir haben aktuell 244 Flugzeuge bei Wizz Air registriert – 35 davon sind gegroundet. Für uns ist das inzwischen ein langer und schmerzvoller Prozess und wir hoffen das Thema „Grounding der Flotte“ spätestens in zwei Jahren abgeschlossen ist. Wir arbeiten hier natürlich sehr eng mit dem Hersteller Pratt & Wittney zusammen, während wir gleichzeitig in den Kauf von 40 zusätzlichen Ersatztriebwerken investiert haben. So ein Triebwerk kostet uns 22 Millionen USD, wovon wir gleich 40 bestellt haben.

Gleichzeitig versuchen wir aber auch die Dauer des Triebwerkstausches zu beschleunigen. Früher war das eine Sache von vielleicht 17 Tagen, heute, wo ein so hoher Bedarf weltweit besteht und alle Stellen ausgelastet sind kann es von der Demontage des Triebwerkes bis zur neuerlichen Montage bis zu einem Jahr dauern. Wir hoffen deshalb, dass wir bis Ende 2027 dieses leidige Thema endgültig abgeschlossen haben werden.

Wird der A-321 XLR bei Wizz Air nach ihrer Neuausrichtung überhaupt noch benötigt?

Die Entscheidung den XLR zu bestellen liegt bereits einige Jahre zurück, damals waren weder die Probleme mit den Triebwerken noch die Veränderungen am Markt absehbar weshalb ich meine, das nachdem wir heute eine neue Ausgangslage haben ein halbes Dutzend A321 XLR für den Flugbetrieb von Wizz Air UK ausreichend sind und wir die verbleibenden Flugzeugbestellungen in A321neo umwandeln werden.

Martin Dichler

https://www.aerotelegraph.com/airlines/der-oesterreichische-markt-ist-fuer-wizz-air-weiterhin-interessant/004b7xx

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